Der perfekte Glühwein
Adventzeit ist Glühweinzeit, und wir alle kennen die üblichen Verdächtigen: überzuckerte Massenware mit „Glühfix“. Aber was, wenn wir die Sache mal anders angehen? Vielleicht ist der Schlüssel zum perfekten Glühwein gar nicht die Menge an Gewürzen und Zusätzen, sondern der Wein selbst.
Ich bin überzeugt: Der perfekte Glühwein ist jener, dem man am wenigsten hinzufügen muss, damit er schmeckt.
Die Basis macht den Unterschied
Worauf kommt es also an? Die Antwort liegt in einem Wein, der schon von sich aus alles mitbringt, was einen hervorragenden Glühwein ausmacht. Würze, Fruchtigkeit, und – das ist entscheidend – eine frische Säure, welche die Süße ausgleicht und das Ganze lebendig hält.
Meine persönlichen Favoriten? Portwein, Sherry, Madeira oder eine heimische Beerenauslese. Diese Weine können bereits Aromen von kandiertem Ingwer, Orangenzeste oder zum Beispiel Nelken aufweisen. Sie haben so viel Charakter und Tiefe, dass sie fast ohne Zusätze als Glühwein funktionieren. Vielleicht fehlt dann nur noch ein Hauch Zimt, um sie in die perfekte Winterstimmung zu versetzen.
Ja, ich höre schon die Kritiker: „Einen Prädikatswein auf diese Weise zu verarbeiten, ist doch Wahnsinn!“ Aber wenn ich zum Kochen keinen schlechten Wein nehme und mein Spritzwein eine Mindestqualität haben muss, warum sollte es bei Glühwein anders sein? Minderwertiger Wein gehört nicht ins Glas – egal, wie er zubereitet wird.
Ein „cooler“ Twist: Eiswein-Glühwein
Allein der Gedanke bringt mich zum Schmunzeln: ein Eiswein-Glühwein. Der Name ist schon Programm, und geschmacklich könnte ein gut ausgewählter Eiswein – mit seiner konzentrierten Süße und lebendigen Säure – tatsächlich ein unglaubliches Glühweinerlebnis bieten. Ein bisschen verrückt und dekadent? Sicher. Aber manchmal sind es gerade die außergewöhnlichen Ideen, die in Erinnerung bleiben. Diese Deluxe-Version eines Glühweins verlangt natürlich auch nach einem feineren Trinkbehälter als der Viertelliter-Tasse. Ideal ist ein dickes, kelchartiges Glas, dass der Temperatur stand hält und den heißen Wein nicht zu schnell auskühlen lässt.
Warum oft weniger mehr ist
Wenn der Wein schon die richtigen Aromen liefert, können Sie auf das halbe Gewürzregal verzichten. Nelken, Sternanis und Kardamom sind tolle Begleiter, aber sie sollten nicht die Hauptrolle spielen. Der Wein selbst muss der Star bleiben. Und, ganz wichtig: niemals den Glühwein zum Kochen bringen. Maximal 60–70 Grad, damit die Aromen des Weins und der Gewürze intakt bleiben.
Und mal ehrlich: Wer hat sich bei einem Glas Primitivo aus Apulien nicht schon mal gedacht: „Das schmeckt doch eigentlich wie kalter Glühwein?“ Vielleicht ist das ja sogar die wahre Bestimmung dieser Rebsorte! 😄
Glühwein neu gedacht: Einfach mal probieren
Der perfekte Glühwein ist nicht nur eine Frage des Rezepts – es geht um Experimentierfreude und das Vertrauen in guten Wein. Und ja, manchmal lohnt es sich, etwas Neues auszuprobieren. Ob Portwein, Sherry oder ein mutiger Eiswein-Glühwein – das Wichtigste ist, dass Sie am Ende mit einem Glas in der Hand dasitzen und sagen: „Das schmeckt.“
Ein Tipp aus unserer LOISIUM WeinWelt: Riesling „Kraftvoll“ vom Weingut Steininger
Seit Lisa Steininger mit einem Portugiesen zusammen ist, hat sich am Weingut eine Faszination für Portugal und Portwein entwickelt. 2013 hat die Familie Steininger dann erstmals den Versuch gewagt, einen Kamptaler Wein bei hohem Restzucker mit hauseigenem Weinbrand zu versetzen (Laut österreichischem Weingesetz: Likörwein).
Die vollreifen, gesunden Riesling Trauben wurden Ende September geerntet. Die Pressung erfolgte durch das Treten der Trauben mit den Füßen (etwa 4 Stunden). Das Ziel war es, die Beeren sanft und schonend zu quetschen und immer wieder in Kontakt mit dem Saft zu bringen. Anschließend begann die spontane Gärung in gebrauchten Barriquefässern. Nach rund einer Woche wurde bei rund 100 g/l Zucker mit hauseigenem Weinbrand „aufgespritet“. Dadurch wird der Alkoholgehalt angehoben, wodurch die Hefen nicht mehr arbeiten können und die Gärung stoppt. Der Likörwein durfte anschließend 5 Jahre im Fass reifen bevor er unfiltriert abgefüllt wurde. Das Ergebnis:
Olivbraun, kräftige Schlieren, Sherrynase, markante Holzwürze, grüne Walnüsse, Schwarzbrot; zarte Süße mit vitalem Säureunterbau, druckvoll, mächtiger Alkohol, Orangenlikör, langer süß-herber Abgang. (Quelle: www.weingut-steininger.at)
Fazit
Qualität vor Quantität. Vergessen wir den überzuckerten Kochwein von der Stange. Der beste Glühwein ist einer, der den Wein selbst respektiert – und das bedeutet, dass der Wein auch in seiner heiß servierten Form Klasse haben muss.